Wenig später erreichen wir den Kjeragbolten. Eine Hand voll Wanderer sind doch schon vor uns angekommen, jedoch lediglich ein Bruchteil von dem, was hier an Hochsommertagen hochstapft. Somit können wir uns erst mal in Ruhe in der Nähe des Felsblocks hinsetzen, den Puls wieder runterkommen lassen, etwas trinken und noch ein Stück Salami essen. Über dem Lysefjord hängt zwar weiterhin der Nebel, aber das tut der Aussicht fast keinen Abbruch. Ein fantastischer Ort bei super Sommerwetter.


Nach einer halben Stunde der Entspannung gehen wir zum Kjeragbolten und wagen einen genauen Blick. Sieht tief aus denke ich mir. Die anderen teilen meine Meinung. Die vorherige Abmachung, den Schritt nur zu wagen, wenn das Gefühl passt, geht mir durch den Kopf. Ich habe keinen Zweifel und somit wage ich den Schritt. Nicht gerade einfach, aber machbar. Kurz darauf: Unfassbar! Ich stehe auf einem verdammten Stein in 1.000 Metern Höhe. Was für ein Gefühl. Die anderen Jungs machen die typischen Fotos und ich lasse den Moment kurz auf mich wirken.



Selten habe ich mich so wach und aufmerksam gefühlt, wie in diesem Moment. Verständlich wenn man bedenkt, dass einem kein falscher Schritt unterlaufen sollte. Keine Sicherung, keine Griffe und kein Netz. Eben typisch norwegisch. Vermutlich auch der Grund warum noch nichts passiert ist, da die Menschen sich nicht auf sämtliche Sicherungen verlassen können und diese in ihrer Überlegenheitsillusion missachten.

Ich gehe wieder runter und wir verharren noch kurz vor dem Abgrund zum Fjord. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg. Nach etwa einem Kilometer machen wir noch einmal Halt, da wir die günstige Gelegenheit eines Schmelzwasserbachs nutzen wollen, um unsere Füße abzukühlen. So kann man eine recht anspruchsvolle Tour langsam ausklingen lassen. Wenig später gehen wir einen teilweise parallel zum Hinweg verlaufenden Weg zurück in Richtung Parkplatz. Kurz vor dem Abstieg vom Kjeragmassiv, da wo wir vor wenigen Stunden noch den Blick auf die ersten Anstiege hatten, sehen wir nun dichten Nebel. Also halten wir uns lieber wieder strickt an den markierten Weg und wandern schon kurz darauf bei einer Sichtweite von etwa 50 Metern. Wir stellen mal wieder fest, wie schnell sich in den Bergen Wetterveränderungen ergeben können und dass diese nie zu unterschätzen sind.



Kurz darauf erreichen wir den Parkplatz, der zugleich der Ausgangspunkt unserer Tour war. Wir ziehen die Wanderschuhe aus, tauschen diese gegen lockeres Schuhwerk und snacken unsere letzten Vorräte. Die Kleidung wird gegen trockene getauscht und der Rückweg wird angetreten. Allerdings machen wir noch den Abstecher in den Ort Lysebotn, um noch einmal das grandiose Panorama der Straße zu genießen und durch den Lysetunnelen zu fahren.

Am späten Nachmittag treffen wir wieder bei der Huskyfarm ein und beenden unseren Tagestrip. Es bleibt die Erinnerung an einen fantastischen Tag und eine absolut empfehlenswerte Tour.