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Norge på tvers - Quer durch Norwegen

von Julian Wystyrk

Tipps

Es gibt viele spannende Weitwanderwege in Norwegen, von denen ich einige zumindest streckenweise kenne. Es spukte immer mal wieder die längste Wanderung durch meinen Kopf, Norge på langs - dies ist eine Wanderung, Radtour, Skitour? vom südlichsten Zipfel bis zum Nordkap. Dafür braucht es allerdings einige Wochen bis Monate, so viel Zeit hatte ich nicht. Aber es gibt noch eine kleinere Expedition, die in diesem Sommer spannend erschien und nur sieben Tage dauert. Die Wanderung Norge på tvers ? Quer durch Norwegen liegt in einem Gebiet, das ich noch nicht zuvor erkundet habe.

Start für mich war in Trondheim, genauer in Stjørdal (dort liegt auch der Flughafen Værnes direkt um die Ecke). Trondheim liegt ziemlich weit inland am Trondheimsfjord, was darin resultiert, dass Norwegen an dieser Stelle recht schmal ist ?

Stjørdal bietet gute Übernachtungs- und Einkaufsmöglichkeiten. Beim DNT (Den Norske Turistforeiningen ? Der Norwegische Touristenverein) Büro habe ich mich über die Wegbeschaffenheit und Wasserstellen nach sehr langer Trockenperiode in einer sommerlichen Hitzewelle mit über 30 °C informiert und Gas für den Kocher gekauft. In den Supermärkten habe ich meine Vorräte für die nächsten Tage gekauft. Es ist auch möglich, sich für diese Wanderung beim DNT anzumelden. Dann werden die Hüttenübernachtungen und auch die Verpflegung unterwegs organisiert, was das Rucksackgewicht beträchtlich reduziert. Ich wollte aber auf eigene Faust losziehen und unterwegs zelten.

Die erste Etappe von Stjørdal zur ersten Übernachtungshütte des DNT - Kvittfjellhytta ist über 30 km lang. Sie lässt sich in zwei teilen oder aber abkürzen mit einer Busfahrt. Ich habe die ersten Kilometer, die auf brütend heißen Asphaltstrassen verlaufen sollten, mit dem Bus zur Hegra Festung abgekürzt. Glücklicherweise habe ich noch zwei Flaschen Wasser im Supermarkt gekauft, bevor ich mich auf den steilen Anstieg begab. Trotz Halbschatten war das Wandern auf der steilen Teerstraße mühsam und schweißtreibend. Der Pfad ging dann weiter über offene Moorflächen mit spärlichem Baumbewuchs. Die Sonne brannte erbarmungslos. Das Wandern wurde leichter, da der Pfad hauptsächlich auf Holzplanken verlief. In normalen, also feuchten Sommern erleichtern diese Planken das Vorwärtskommen oder machen es sogar erst möglich. Solche Plankenwege begleiteten mich die gesamte Wanderung, mal nur über kurze Strecken, mal kilometerlang.

Diese erste Etappe wurde ziemlich zäh, weil es drückend heiß war und es absolut kein Wasser gab. Entgegen der Information des DNT, dass die Wasserversorgung kein Problem darstellen würde, waren die Bäche ausgetrocknet, nur noch winzige Rinnsale schlängelten sich in den Flussbetten. Normalerweise muss man in Norwegen kein Wasser mitschleppen, denn das fließende Wasser in den Bächen hat Trinkwasserqualität. Also musste ich mit meinen zwei Flaschen sparsam umgehen. An der ersten Hütte angekommen suchte ich also zunächst die Wasserquelle, die auch dort nur ein Rinnsal war. Das Wetter kann ziemlich schnell wechseln. Die Wochen vorher habe ich den lokalen Wetterbericht verfolgt, da gab es Neuschnee auf der Strecke, dann kam die Hitzewelle mit Trockenheit, in die ich geriet, und direkt zum Ende meiner Tour gab es Starkregen und Überschwemmungen, die die Flussquerungen fast unmöglich machten. Ich hatte den Plan, wild zu zelten, was aufgrund des Allemansrettens in Norwegen problemlos möglich ist. Allerdings war ich die gesamte Tour dazu gezwungen, in der Nähe der Hütten zu bleiben, weil nur dort verlässlich Wasser zu finden war. Zum Teil habe ich auch direkt bei den Hütten gezeltet, das ist möglich gegen eine kleine Gebühr, dafür darf man aber die Hütte, Toiletten und Duschen benutzen.

Die nächsten Etappen waren recht unterschiedlich, mal durch dichten alten Kiefernwald, über weite Moorflächen, dann wieder durch Hochtäler mit tollen Weitblicken. Mein persönlicher Favorit war die Etappe von der Schulzhytta zur Ramsjøhytta, durch langgestreckte Hochtäler und über einen Pass, von dem aus sich noch eine Gipfelbesteigung auf den Fongen anbot. Meinen großen Rucksack mit Zelt und Schlafsack ließ ich am Fuße des Pfades stehen und stieg nur mit leichtem Gepäck auf. Das Wetter hielt und damit boten sich fantastische Weitblicke in alle Richtungen. Ich kam leider nicht bis ganz auf den Gipfel, aber der Grund dafür war nicht, dass es zu schwer oder zu steil war. Nein, der Grund waren Rentiere, die Abkühlung auf den gipfelnahen Schneefeldern suchten.

Diese Rentiere sind alle im Besitz der Südsami (Sami, das indigene Volk in Norwegen), die diese Region als ihre Sommerweidegebiete nutzen. Allerdings kommen die Rentiere eher schlecht mit der Hitze klar, weswegen die Sami sie in die kühleren Gipfelgebiete getrieben haben. Die Störung der Tiere sollte dringend vermieden werden, daher habe ich beschlossen, die Rentierherde in Ruhe chillen zu lassen, und bin nach ausgiebiger Pause wieder abgestiegen.

Die nächste Hütte Ramsjøhytta lag an einem See mit ?privatem? Sandstrand, an dem sanft die Wellen schlugen, mit Aussicht auf den schneebedeckten Fongen. Ein genüssliches Bad in den kühlen Fluten war allerdings kaum möglich, weil man direkt am Ufer noch mehr als sonst die letzten Tage von Bremsen attackiert wurde. Diese Periode mit vielen Bremsen dauert nach Auskunft der Hüttenbetreiber nur ca. drei Wochen an, aber genau jetzt war ich nun mal hier. Dies bedeutete: Bei 30 Grad Hitze, größtenteils ohne Schatten, trotzdem mit langen Hosen zu wandern.

Der Wasserbedarf war enorm und meine Mütze habe ich in jedem Rinnsal nass gemacht, um nicht am Kopf zu überhitzen. Durch die Hitze gab es noch weitere Herausforderungen, die ich von früheren Norwegen-Wanderungen nicht kannte. Das Zelt konnte ich nur im Schatten, oder auf den baumlosen Ebenen nur nach Sonnenuntergang aufbauen, weil sich das Innere sofort in eine Sauna verwandelte. Gleichzeitig pisackten einen aber vor dem Zelt die Blutsauger! Ich hatte nicht mehr gepackt als sonst, aber all die warmen Kleidungsschichten, die ich sonst verlässlich jedes Jahr brauchte, blieben ungenutzt im Rucksack und mussten getragen werden. Das ungewöhnlich hohe Gewicht und die Hitze sorgten dann für ordentlich Scheuerstellen an meinen Hüften. Das waren alles ziemlich neue Herausforderungen und Probleme, die ich noch auf keiner vorherigen Tour in Norwegen hatte. Zur nächsten Hütte Storerikvollen war es eine eher leichte, aber extrem heiße, schwüle Etappe, auf der es die Plagegeister unmöglich gemacht haben, zu rasten. Daher war ich glücklich, als ich am Nachmittag in den Schatten der Hütte kam und auch dort zelten konnte. Die Berge des Grenzgebirges zu Schweden, Sylan kamen immer näher und die vorletzte Etappe zur Nedalshytta sollte auf den Ausläufern der Berge bis auf über 1000 m verlaufen. Leider waren starke Gewitter angesagt, in die ich auf keinen Fall geraten wollte. Daher startete der Tag schon um 05:00 Uhr, um vor dem Unwetter über die höchsten Passagen zu kommen. Der Tag war fantastisch mit herrlichen Weitblicken, baumloser Ebene und leicht zu begehenden Plankenwegen. Der Abstieg zur Nedalshytta war steil und forderte auf dieser längsten 24-km-Etappe noch einmal volle Konzentration. Aber ich habe es tatsächlich vor dem heftigen Unwetter zur schützenden Hütte geschafft. Zur Belohnung gabs eine typisch norwegische Waffel.

Die meisten hatten am nächsten Tag nur eine kurze 5-km-Etappe zur schwedischen Grenze vor sich, um dort die Wanderung quer durch Norwegen abzuschließen. Da ich mich im offiziell markierten Wegegebiet des DNT aufgehalten habe, noch dazu in der Nähe der Hütten, bin ich mit derselben kleinen Wandergruppe immer an den Hütten angekommen. Mit Taxi und Bus ging es von dort aus zurück nach Trondheim. Ich hatte aber noch etwas Zeit und wollte mir noch die schwedische Seite ansehen, bin daher weiter über die Grenze gewandert auf eine Tour, die Sylan rundt heißt, also Sylan umrunden.

Die folgenden Tage wanderte ich also auf den gut ausgetrampelten schwedischen Wegen, habe Gipfel im Sylan erklommen, das Hüttennetz der schwedischen Wandervereinigung genutzt und habe in Storlien dann den Zug über die Grenze zurück nach Trondheim genommen. Die Tour habe ich direkt vor einem großen Wetterwechsel mit Temperatursturz und riesigen Regenmengen abgeschlossen. Insgesamt würde ich diese Tour als eher leicht einschätzen, was die Höhenmeter betrifft, aber die Bedingungen, ob nun Hitze oder Feuchtigkeit, können den Schwierigkeitsgrad ordentlich erhöhen. Ich kann mir kaum vorstellen, wie anstrengend die Wege über die Moore sind, wenn es ordentlich nass ist.

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