Pilgern in Norddeutschland
erstellt am: 18. 11. 2020 um 8:00 UhrWeil das Gute so nah liegt
Früher pilgerten die Menschen nach Rom, Jerusalem oder Santiago de Compostela. In diese Stadt im Nordwesten Spaniens zieht es die Pilgernden auch heute noch scharenweise. Dabei musst Du zum Pilgern gar keine weite Reise auf Dich nehmen, denn es gibt tatsächlich Pilgerwege direkt vor Deiner Haustür. Aber Pilgern in Norddeutschland? Kann das was? Klar doch, sagen wir und nehmen Dich mit zu den schönsten Pilgerwegen Norddeutschlands.

Warum pilgern?
Dem Alltag entfliehen. Sich Gott näher fühlen. Neuen Menschen begegnen. Offen sein für bunte Abenteuer. Natur erleben. Ein Gelübde erfüllen. Dem Körper Gutes tun. Das einfache Leben schätzen. Die Motivationen für eine Pilgerreise sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Dabei ist es unerheblich, ob Du Dich aus eigenen Stücken zum Pilgern aufmachst, gemeinsam mit Freunden oder Familie pilgerst oder von Hape Kerkeling dazu animiert wurdest.


Früher gab es noch andere, häufig religiöse Gründe, warum Menschen nach Santiago de Compostela, Rom oder Jerusalem pilgerten: Sie hofften dabei auf Heilung einer Krankheit oder wollten sich von ihren Sünden lossprechen lassen. Reiche Herren bezahlten gar andere Leute, die in deren Namen die Pilgerreise antraten. Und auch als Strafvollzug diente das Pilgern: Statt ins Gefängnis ging es für den Verurteilten zu einer Pilgerstätte. Wurde diese erreicht und die Pilgerurkunde vorgezeigt, war die Strafe erlassen.
Heute ist das Pilgern vielfältiger. Die Beweggründe sind bunt gemischt und verschwimmen oft ineinander. So liegt einer geplanten Pilgerreise nicht immer ein religiöses Motiv zugrunde. Oft ist es das Streben nach seelischem und körperlichem Wohlbefinden oder das Pilgern dient als Reise zur Selbstfindung.
Pilgern in Norddeutschland: Unkompliziert zu sich selbst finden
Die großen Pilgerziele liegen verstreut auf der ganzen Welt. Zählen in Europa Santiago de Compostela, Lourdes oder Rom zu den bekanntesten, gibt es auch in Japan (Shikoku-Pilgerpfad), der Türkei (St. Paulusweg) oder Sri Lanka (Adam’s Peak) beliebte Pilgerstätten. Doch eigentlich musst Du nur den Rucksack packen, die Wanderschuhe schnüren und schon geht es los!
Denn attraktive Pilgerwege erwarten Dich auch in Norddeutschland. Vielleicht hast Du beim Wandern sogar schon einmal diese Markierung entdeckt: eine gelbe Muschel auf blauem Untergrund. Dann warst Du bereits mitten auf einer Route des Jakobwegs, von denen es auch in Norddeutschland mehrere Teilstücke gibt. Wir stellen Dir nachfolgend interessante Pilgerwege in Norddeutschland vor.

Ganz im Norden: Der Jakobsweg Via Jutlandica
Vom dänischen Pattburg kommend führt der Jakobsweg Via Jutlandica durch den nördlichsten Teil von Deutschland. Bereits im Mittelalter war diese Strecke eine wichtige Pilgerroute. Aber nicht nur Jakobspilger, auch viele Rinder marschierten über diesen Weg, denn er ist in vielen Teilen dem früheren Ochsenweg identisch. Diesen Namen erhielt er, weil auf dieser Route in der frühen Neuzeit der Viehhandel abgewickelt wurde. Zurück ins 21. Jahrhundert: Die Jütländische Route des Jakobswegs führt Dich zuerst nach Schleswig. Dort hast Du dann die Wahl: Einmal gehst Du über Kiel nach Lübeck, bei der zweiten Variante wanderst Du an der Elbe entlang nach Rendsburg bis Glückstadt. Beide Pilgerziele der Via Jutlandica münden in einen weiteren Jakobsweg: die Via Baltica.
Wer eine große (Pilger-)Reise tut: Der Jakobsweg Via Baltica
Einmal quer durch Deutschland, genauer gesagt von Osten nach Westen, führt die Via Baltica. Dieser Jakobsweg beginnt an der deutsch-polnischen Grenze, auf der Insel Usedom. Über Rostock, Lübeck, Hamburg und Bremen geht es bis nach Osnabrück. Beschreitest Du die Via Baltica auf der gesamten Länge, stecken am Ende sagenhafte 770 Kilometer in Deinen Beinen. Die Tagesziele musst Du Dir dennoch nicht zu hoch stecken, denn der Baltisch-Westfälische Weg punktet mit einem besonderen Plus – und zwar wortwörtlich in der Geldbörse: Es stehen dort viele preisgünstige Pilgerunterkünfte zur Verfügung, die unter anderem in Gemeindehäusern errichtet wurden.
Einen spannenden Reisebericht über die Via Baltica hat uns Corinna Länger zugesendet.
Von Norden nach Süden: Pilgern auf dem Jakobsweg Via Scandinavica
Von Skandinavien aus kamen die Pilger über die Via Scandinavica ihrem Ziel in Santiago de Compostela flotten Schrittes näher. Heute liegt der Ausgangspunkt auf der Insel Fehmarn. Von dort gelangen die Pilger auf der Via Scandinavica bis nach Göttingen. Auch diese Route führt durch die malerische Stadt Lübeck, die seit dem Spätmittelalter mit ihrer Kirche St. Jakobi eine wichtige Pilgerstation ist. Die Unterkunftssuche gestaltet sich hier nicht ganz so einfach wie auf der gut vernetzten Via Baltica. Jedoch gibt es auch hier preisgünstige Jugendherberge oder private Unterkünfte, wo Du Deine müden Pilgererbeine hochlegen und Dir den Stempel für Deinen Pilgerausweis holen kannst.
Im Einklang mit sich selbst: Der Baltisch-Mitteldeutsche Weg
Wer es gerne ruhiger haben möchte als auf der gut frequentierten Via Baltica, der darf in Rostock eine Abzweigung nehmen. Und zwar Richtung Süden über den Baltisch-Mitteldeutschen Weg bis Bad Wilsnack. Dieser Weg zählt zu den regionalen Jakobswegen. Pilgerunterkünfte sind hier weiter verstreut und in Privatwäldern fehlt manchmal die Wegmarkierung. Deshalb empfiehlt sich eine gute Vorbereitung und vorausschauende Planung. Der Lohn dafür: Viele Stunden mit sich selbst, der Natur und allem anderen, woran man gerne glaubt und festhält.
Landschaftspracht auf lokalen Pilgerwegen
Nicht jeder Pilgerweg in Norddeutschland führt in weitere Folge zum Heiligen Jakob von Santiago. Der Pilgerweg Loccum-Volkenroda beginnt im norddeutschen Niedersachsen und endet in Thüringen. Entlang der Weser, Leine und Unstrut sorgen prachtvolle Landschaften für das eigene Seelenheil.
Friedliche Dörfer und romantische Wanderwege: Das Pilgern im Klosterdreieck zwischen Rehna, Ratzeburg und Zarrentin ist nicht nur ein Genuss für das Auge, es rückt auch den Alltagsstress in ganz weite Ferne und lädt zu Gesprächen ein – mit sich selbst oder mit Gott. Im Dreieck bewegst Du Dich um den tiefsten See von Norddeutschland, den Schaalsee.
Auf über 200 Kilometern gelangen Pilgernde auf dem Hünenweg von Osnabrück nach Papenburg. Es erwartet sie ein Reichtum an Natur und Kultur: Über Moor- und Heidelandschaften führt dieser Pilgerweg an den Megalithgräbern vorbei. Die über 4000 Jahre alten Großsteingräber oder Hünengräber (daher der Name des Weges) sind ein faszinierendes Highlight auf dieser Pilgerreise.
Tipp: Wer nicht gerne alleine pilgert, findet im Internet Angebote für eine geführte Pilgerreise in Norddeutschland.

Du möchtest Norddeutschland lieber beim gewöhnlichen Wandern entdecken? Dafür ist der Harz wie geschaffen! Die besten Wanderrouten verraten wir in unserem Blog Wandern im Harz.
Wir wünschen Dir eine gute Pilgerreise und dass sie Dir genau das bringt, was Du Dir von ihr erhoffst.